Nun, auch die Frage nach dem »Wie?« ließe sich durchaus kurz und griffig beantworten:
- Ich schaue genau hin.
- Ich lese sorgfältig und gründlich.
- Ich korrigiere zuverlässig und mit Bedacht.
Und oftmals trifft auch einfach dieser herrlich plakative Spruch zu.
Hier könnte man nun einen Punkt machen und es dabei belassen.
Man kann es aber auch etwas eingehender betrachten ;o)

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Sie haben Ihren Text fertiggestellt und abgesegnet. Zusammen mit allen Fotos, Illustrationen, Grafiken und Tabellen haben Sie den Text an Ihren Layouter, Grafikdesigner oder Satzbetrieb weitergereicht. Sie haben mehr oder weniger detailliert besprochen, wie die Grundzüge der Gestaltung aussehen, welches Farbschema zugrunde liegen und welche Schriften Verwendung finden sollen. Der Layouter baut alles im Satzprogramm zusammen, nimmt in Rücksprache mit Ihnen ein paar notwendige Änderungen vor und schickt Ihnen schließlich eine PDF-Datei.
Tatsächlich lehrt der Alltag natürlich, dass es nur selten bei der einen Datei bleibt. Mal muss ein Text aktualisiert, mal ein Bild ausgetauscht werden, vielleicht muss auch der Umfang geändert und eine Seite eingespart werden oder nach vielen Diskussionen soll der Umschlag einer Broschüre nun doch eine Klappe erhalten. So oder so … irgendwann wird die eine, die ultimative Datei bei Ihnen vorliegen, die dann im nächsten Schritt in die Druckerei gehen könnte. Eigentlich.
Aber an dieser Stelle komme nun ich ins Spiel.

Warum nicht bereits vorher? Warum nicht schon direkt nach der Fertigstellung der Texte? Nun, ich kann Ihnen natürlich auch ein Korrektorat ganz klassisch auf Papier anbieten. Oder in einem Word-Dokument den Text lektorieren. Aber abgesehen davon, dass Papierversionen mit der Post hin und her geschickt werden müssten, was Zeit, Porto und in der Wartezeit auf beiden Seiten Nerven kostet, sind sowohl Papier als auch Textverarbeitung einfach zu weit vom Endprodukt entfernt. Und es ist relativ sinnfrei, wenn ich beispielsweise in Word eine Formulierung anpasse, um eine Textaussage zu verstärken, just diese Anpassung aber später im Satzprogramm dazu führt, dass die nächsten fünf Zeilen mit einer hässlichen Silbentrennung enden. Habe ich jedoch die Reinzeichnung vor mir, kann ich solche Auswirkungen immer abschätzen, einplanen und umgehen. Ich kann Alternativen verwenden oder Vorschläge machen, die den Gegebenheiten im Endprodukt Rechnung tragen.
Dazu kommt, dass das Einlesen Ihrer Dokumente in das vom Grafiker (Layouter, Designer) verwendete Satzprogramm durchaus noch eigene Fehler und Probleme mit sich bringen kann. Und erfahrungsgemäß auch tut. Das betrifft vornehmlich die Bereiche Anführung und Auslassung, Strichlängen und Abstände. Die meisten Probleme ergeben sich jedoch bei der deutschen Silbentrennung am Zeilenende. Auch wenn die entsprechenden Algorithmen in den Satzprogrammen von Jahr zu Jahr besser geworden sind, braucht es letztlich immer den Blick und die Interpretation des geübten Lesers, um über eine (wenn vielleicht auch formal korrekte) Silbentrennung am Zeilenende zu entscheiden. Ist sie vollkommen probemlos? Ist sie missverständlich? Geht sie noch als kleineres Übel durch oder ist sie gänzlich unhaltbar? Manchmal reicht es, ein paar Zeilen zuvor eine Formulierung zu ändern oder ein Wort auszutauschen, manchmal reicht eine Umstellung des Satzes, um eine falsche oder störende Silbentrennung zu umgehen. Jede dieser Änderungen hat aber natürlich wieder Auswirkungen auf die folgenden Zeilen. Es geht also immer um Abwägungen und Entscheidungen, um Leseverständnis und Interpretation. Was naturgemäß nicht Bestandteil eines Satzprogrammes sein kann.

Sie haben mir also die Datei weitergereicht.
Und nun? Was mache ich genau?
Ich schaue hin. Das klingt zunächst einfach nur banal. Ich weiß. Was sollte man wohl auch anderes machen, als hinzuschauen? Aber betrachten wir das mal konkret. Stellen wir uns die Datei zu einer Broschüre vor. Umschlag, Inhalt mit 24 Seiten, Text und Fotos, Grafiken und Tabellen. Der erste Blick gilt dann immer den Dateieigenschaften: Wie umfangreich ist die Datei? Mit welchem Programm wurde sie erstellt? Welche Schriften wurden verwendet? Als nächstes werde ich in der Regel die Darstellung verkleinern und das Dokument durchblättern. Mal zügig, mal langsam, mal kontinuierlich, mal vor und zurück. Das zeigt mir die Struktur des Dokuments, die Gestaltung, die Proportionen der einzelnen Elemente. Was wird betont? Was lenkt den Blick? Ist die Gesamtgestaltung ausgewogen?
Stellen wir uns desweiteren vor, die Broschüre wird von einem Flyer begleitet. Ein Standardflyer wäre dabei nicht weiter erwähnenswert, aber nehmen wir an, es handelt sich um einen zehnseitigen Flyer, der als ZickZack- oder Fensterfalz geplant ist. Dann werde ich diesen Flyer sicherlich verkleinert ausdrucken und ihn entsprechend falzen. Erst dann kann ich verläßlich sehen, was bei den verschiedenen Faltungen wirklich nebeneinander und gegenüber steht. Und kann genau hinschauen. Und anschließend dann zur eigentlichen Aufgabe übergehen.
Ich lese. Präzise, akribisch und mit Interesse. Dabei korrigiere ich Fehler in Rechtschreibung, Zeichensetzung und Grammatik. Ich prüfe Inhalt und Stil, Argumentation und Aufbau, Layout und Typographie. Und ich verweise auf mögliche Alternativen und gebe Anregungen. Und lese erneut.
Ich höre hin. Das wiederum mag in diesem Zusammenhang eher esoterisch klingen, hat aber tatsächlich einen durchaus praktischen Kern. Hin und wieder bringen Texte Formulierungen, Wortkombinationen oder Satzkonstruktionen mit, die »nicht wirklich falsch« sind. Sie widersprechen keiner Regel, man weiß, wie der Autor es gemeint hat, versteht Sinn und Zusammenhang und ist eigentlich geneigt, darüber hinweg zu lesen. Und doch stört etwas die Harmonie, ist irgendwo ein falscher Ton drin, ein Ungleichgewicht. Die Ursache dafür aufzuspüren, ist für mich tatsächlich in erster Linie ein Hörprozess. Zudem gilt es, durchgeführte oder vorgeschlagene Korrekturen neben der inhaltlichen Stringenz daraufhin zu überprüfen, dass sie sich harmonisch in die Klangfarbe des gegebenen Textes einfügen und im Ton kein Bruch bemerkbar wird.
Ich suche und gleiche ab. Stimmt die Inhaltsangabe mit den tatsächlichen Positionierungen überein? Sind Bildunterschriften und Fotonachweise durchgängig gesetzt? Sind Verwendung und Schreibweise von Orts- und Personennamen, von Fremdwörtern und Fachbegriffen gleichbleibend? Wird bei Listen und Aufzählungen die Gestaltung konform gehalten? Haben Telefonnummern und Kontoangaben, Webseiten und E-Mail-Adressen jeweils ein gleichbleibendes Muster? Existieren die angegebenen Webseiten überhaupt oder führen sie ins Leere bzw. zu einer Fehlerseite? Führen Querverweise im Text zu den richtigen Stellen? Und vieles mehr.
Dies ist zugegebenermaßen – um es salopp zu sagen – der Teil meiner Arbeit mit dem geringsten Spaßfaktor. Es geht um Fehler und Unregelmäßigkeiten, die sich in der Regel nicht »erlesen« lassen und die auf den ersten Blick eher unscheinbar daherkommen. Und die man meist nur durch kontinuierlichen, sturen Abgleich findet.
Und manchmal, ja …
Manchmal stelle ich Dinge einfach auf den Kopf. Zur Erläuterung eine Anekdote: Meine Frau und ich bei einem Einkaufsbummel in einer mittelgroßen Stadt am Rhein. Ein Schuhgeschäft mit dem durchaus sinnigen Namen »Pumps«, das Logo ausgeführt als Wortbild.

Meine Frau drinnen stöbernd, ich gelangweilt draußen wartend. Neben mir eine Drehsäule mit Pumps in diversen Größen, Formen und Farben. Irgendwann greife ich nach einem, um ihn mir genauer anzuschauen. Mein Blick fällt auf den eingedruckten Firmennamen im Inneren des Schuhes.
Und ich sehe dies …
Erst war ich einfach nur verwirrt, dann amüsiert fassungslos, so etwas in »freier Wildbahn« zu sehen. Und ich nahm mir in dem Moment vor, dass mir Vergleichbares nie niemals nicht durchrutschen soll.
Bei meiner Ehre ;o)